Islandurlaub Juni 2024 – Reykjavik, Laugavegur und Fimmvörðuháls-Trail

Islandurlaub Juni 2024 - Reykjavik, Laugavegur und Fimmvörðuháls-Trail


Seit ich vor Jahren auf der Internetseite Weil-Sie-Da-Sind auf einen Fotobericht über den Laugavegur (was soviel wie „Weg der heißen Quellen“ bedeutet) stieß, träumte ich davon, diese Landschaft eines Tages mit eigenen Augen sehen zu können. Je mehr Jahre jedoch ins Land zogen, desto mehr zweifelte ich daran, dass ich dazu in der Lage sein würde.

Da sich das Wetter im Hochland von einer Minute auf die andere würde ändern können, hatte ich so eine Reise nicht alleine machen wollen.
Manchmal fügen sich die Dinge aber im Leben, als ob…

…die Energien im Universum für meine Wünsche emfänglich wären und bei deren Verwirklichung ordentlich nachhelfen 😉

Prolog


Letztes Jahr meldete sich Alex, ein alter Bekannte aus alten Proberaumzeiten in Werne bei mir, nachdem wir 20 Jahre keinen Kontakt miteinander hatten. Er wohnt mittlerweile auch in Dortmund und so trafen wir uns in einem Café unweit von unseren Wohnungen entfernt und kamen ins Gepräch über dies und das.

Alex eröffnete mir, dass er beruflich und privat bereits viel in der Welt herumgekommen sei. Ende des letzten Jahres sprachen wir bei einem Kaffee darüber, den Laugavegur zusammen zu wandern. Alex, der den Weg bereits vor 2 Jahren gewandert war und letztes Jahr an einer organisierten 12-tägigen Wanderung der anderen Art durch Islands Norden teilgenommen hatte, entpuppte sich als der perfekte Wandergefährte für das Vorhaben. Er schlug mir vor, den Weg gemeinsam zu gehen, da er diesen nochmal wandern und andere Facetten entdecken wollte.

Als Zeitraum legten wir Mitte Juni fest, was dem Beginn der Saison, zumindest für Unternehmungen im isländischen Hochland gleich kommt. Der Vorteil… es sind in diesem Zeitraum noch weniger Leute unterwegs. Allerdings ist es möglich, dass noch mehr Schnee im Hochland liegt, was den Weg unter Umständen schwieriger gestalten würde.

In der Folgezeit unternahmen wir drei Tageswanderungen im Sauerland miteinander sowie zwei Trainings mit Gewicht im Rucksack, so dass wir im Vorfeld ein wenig die Gelegenheit hatten, uns näher kennenzulernen.

Während der Monate vor der Reise beschäftigte ich sehr mit dem Equpiment (ein Horror für mich), wobei ich mich an einer von Alex zusammengestellten Excel-Tabelle orientierte, welche ich für mich anpasste. Für mich erschien es elementar, nicht soviel Gewicht mit mir herumzutragen. Während der eigentlichen Wanderung stellte ich dann fest, dass einige Dinge für mich nicht so praktikabel waren und ich mir eher darüber hätte Gedanken machen sollen, was mir unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen (Wind und Wetter, Schlafen im Zelt oder in einer Hütte, Essen und Trinken, Körperpflege usw.) wichtig sein würde.
Daher werde ich es Alex gleich tun und in der Retrospektive nochmal die Liste unter diesem Gesichtspunkt betrachten und Korrekturen vornehmen, wobei ich in absehbarer Zeit eher keine Fernwanderung plane.

Anreise von Düsseldorf nach Reykjavik


Den Flug mit Eurowings (operated by Baltic Air) hatten wir bereits einige Monate vor der Reise gebucht und so machten wir uns Mitte Juni von Düsseldorf in die isländische Hauptstadt Reykjavik auf.
Dort hatten wir im Vorfeld über Airbnb eine Unterkunft für 2 Nächte gebucht, um nach dem späten Flug einen Platz zum Schlafen und eine Basis für einen Tagesaufenthalt in der Haupstadt zu haben.

Somewehere between Hippie and Prada or – This woman likes pineapple :=)


Die Fahrt vom Flughafen auf der Reykjanes-Halbinsel führte im fortwährenden Dämmerlicht nah an Grindavik und der Blauen Lagune vorbei, wo sich jüngst die Erde öffnete und die Lavamassen den Ort und das für die Region bedeutsame Thermalkraftwerk zu zerstören drohten. Zum jetzigen Zeitpunkt sind diese Aktivitäten allerdings erst einmal zum Erliegen gekommen.

Nachdem wir von Karlí, dem Bruder unserer Gastgeberin gegen 1 Uhr morgens in der Unterkunft empfangen wurden und eine Mütze voll Schlaf genommen hatten, machten wir uns am kommenden Morgen auf ins nahe gelegene Zentrum.

Nicht aber ohne beim Benutzen des Bades den Schwefelgeruch des hiesigen Wassers wahrzunehmen.“ (läßt sich zuhause prima beim Pellen eines gekochten Eis in Erinnerung bringen).


Die Hallgrímskirkja, Reykajavíks domartige Stadtkirche und Wahrzeichen, fest im Blick, legten wir den kurzen Weg dorthin durch einen nahen gelegenen Park zurück.
Nach dem obligatorischen Selfie vor dem Bauwerk schickten wir uns an, uns in einer von Alex empfohlenen Bäckerei eine Art Zimtschnecke und einen Kaffee zu organisieren. Ich stehe eigentlich nicht auf Süßes zum Frühstück, aber nach dem Genuss dieses Gebäcks wäre ich immer wieder bereit, eine Ausnahme zu machen 🙂 Wir beschritten die Fußgängerzone mit Regenbogenbemalung, machten einen Hafenspaziergang, besuchten eine Vínbúðin, ein staatliches Spirituosengeschäft und taten uns später an der Promenade an einem dort erworbenen Indian Pale Ale gütlich. Auch genossen wir auf einer Wiese gegenüber dem isländischen Parlament, dem Althing (Liegestühle standen parat), das fabelhafte Sonnenwetter.


Abends kochte ich mir in der Unterkunft ein paar Nudeln und aß diese mit Pesto, auch wenn sich das Prozedere dank mangelnder Utensilien (wo ist hier Besteck?), teilweise als schwieriges Unterfangen darstellte.
Ich wollte nochmal etwas Richtiges essen, bevor für die nächsten Tage Riegel und Trekking-Mahlzeiten auf dem Programm stehen sollten…


Am kommenden Morgen um 6 Uhr machten wir uns auf den Weg zum BSÍ, dem Busbahnhof. Währenddessen nutzten wir die Gelegenheit, uns die benachbarte Großbaustelle des Ny Landspítali, des neuen nationalen Universitätskrankenhauses von Island anzusehen, dessen Gelände wir durchquerten.

Die imposanten Bauwerke und Kräne zeichneten sich gegen den frühen Morgenhimmel ab und verliehen der Umgebung eine geschäftige Atmosphäre.

Islandurlaub Juni 2024 - Reykjavik, Laugavegur und Fimmvörðuháls-Trail

Pünktlich um 7 Uhr brachen wir mit dem Bus von Reykjavik Excursions ins isländische Hochland auf.

Zunächst durchquerten wir die städtische Umgebung Reykjaviks, die allmählich in eine atemberaubende Landschaft mit teils schneebedeckten Bergen am Horizont überging.

Nach etwa zwei Stunden Fahrt machten wir eine kleine Rast in Hella. Dort gönnten wir uns einen Kaffee und ich mir ein leckeres Zimtgebäck, während wir draußen die frische, klare Luft genossen.

Die kurze Pause von 20 Minuten tat gut und stärkte uns für den bevorstehenden Abschnitt der Reise. Als wir weiter nach Landmannalaugar fuhren, wurde die Fahrt zunehmend abenteuerlicher. Das letzte Drittel der mehr als dreieinhalb Stunden dauernden Fahrt glich einer sehr staubigen Offroad-Experience.

Der Bus holperte und rüttelte über Schotterpisten und durch kleine Flussdurchquerungen. Wir konnten nicht anders, als den Busfahrer für seine beeindruckenden Manövrierkünste zu feiern. Auf jeden Fall wurden wir so richtig durchgeschüttelt.

Am Zielort angekommen, checkten wir an der Rezeption ein, um unsere Ankunft zu registrieren. Anschließend bauten wir unser Zelt auf dem Campingplatz auf, der auf allen Seiten von Bergen umgeben war.

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Die Szenerie war einfach atemberaubend. Das fabelhafte Sonnenwetter unterstrich die Farbenpracht der Landschaft und machte den Moment perfekt. Um uns zu stärken, brühten wir mit der AeroPressGo erst einmal einen Kaffee auf. Die Wärme und das Aroma des frisch gebrühten Kaffees passten wunderbar zu der idyllischen Umgebung. Auch gab es eine Suppe. Ich meine mich daran erinnern zu können, dass ich eine Japan-Style-Yum-Yum-Suppe hatte. Wir setzten uns in die Sonne, ließen die Eindrücke auf uns wirken und freuten uns darauf, die kommenden Tage die Schönheit des Laugavegur zu erleben.

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Anschließend machten wir uns auf den Weg zum Bláhnúkur, einem der Hausberge am Campingplatz in Landmannalaugar. Schon lange hatte ich von diesem Moment geträumt. Bilder von dieser atemberaubenden Landschaft hatten mich seit vielen Jahren begleitet, und nun war ich endlich hier, um sie mit eigenen Augen zu sehen.

Der Aufstieg war beeindruckend. Die bunten Rhyolithberge umgaben uns und boten eine spektakuläre Aussicht, je höher wir kamen. Wir machten immer wieder kurze Pausen, um die Aussicht zu genießen und Fotos zu machen. Die Farben und Formen der Landschaft gepaart mit dem guten Wetter waren überwältigend und jede Anstrengung des Aufstiegs wert.



Ein besonderes Highlight neben der faszinierenden Landschaft waren die zwei Flussdurchquerungen. Das Wasser war reißend und eisig kalt. Beim ersten Flussdurchtritt schrie ich vor Kälte und Aufregung, aber der Nervenkitzel und das Erfolgserlebnis, es geschafft zu haben, waren unvergesslich. Diese Momente machten den Tag besonders abenteuerlich.

Den Abend ließen wir gemütlich ausklingen. Im hiesigen Hotspot, einer heißen Quelle nahe dem Campingplatz, genossen wir ein niederprozentiges Dosenbier. Das warme Wasser entspannte unsere müden Muskeln und die Atmosphäre war einfach perfekt. Umgeben von der isländischen Natur und unter einem klaren Himmel fühlte sich alles so friedlich und vollkommen an.

Wir saßen im warmen Wasser, schauten auf die umliegenden Berge und ließen die Erlebnisse des Tages Revue passieren. Es war der perfekte Abschluss eines unvergesslichen Tages in der atemberaubenden Landschaft Islands.



Am kommenden Tag sollten wir uns auf die erste Etappe des Laugavegur nach Hraftinusker aufmachen.

1. Etappe nach Hraftinusker

Auf der Etappe nach Hraftinusker, die 12 Kilometer lang war, hatten wir schon arg zu kämpfen. Der leichte, aber stetige Nieselregen, das Überqueren längerer Schneefelder und die 600 Höhenmeter sorgten dafür, dass diese Etappe kein Spaziergang wurde. Der Weg war beschwerlich und forderte uns körperlich und mental heraus.

In Hraftinusker angekommen, stellten wir fest, dass noch viel Schnee lag. Daher beschlossen wir, diese Nacht in der Hütte zu übernachten, was uns 13.000 ISK pro Person kostete (etwa 86 Euro). Leider konnten wir die Hütte nicht mit Karte bezahlen, da durch die Wetterbedingungen und einen winterbedingten Leitungsschaden kein Internetempfang vorhanden war. Wir mussten unsere Schulden also später am nächsten Zielpunkt begleichen.

Wir belegten oben auf dem Dachboden unser Quartier auf jeweils einer der dort deponierten Matratzen, da der untere Bereich für zwei Reisegruppen reserviert war. Diese Gruppen wurden sogar mit Kisten voller Verpflegung per Geländewagen versorgt.

Ich persönlich fühlte mich erschöpft, wahrscheinlich mehr mental als physisch. Ohne Internet hielt ich mich nach dem Essen noch eine Weile wach und quatschte mit Alex. Schließlich schlief ich zu einem Podcast über europäische Geschichte ein. Auch wenn der Schlaf unterbrochen war, konnte ich mich gefühlt ein wenig erholen.

Am kommenden Morgen begrüßte uns dichter Nebel auf dem Weg zur Toilette, die sich außerhalb der Hütte befand und unangenehm nach Urin roch. Kein angenehmer Gedanke, den Weg in Nebel beschreiten zu müssen, zumal wir heute auf der nächsten Etappe nach Álftavatn noch die ersten 2,5 Kilometer auf Schnee zurücklegen mussten. Aber es nützte ja nichts; eine schnelle Katzenwäsche und weiter ging es.

Ich vermisste meine Freundin zuhause sehr, und dieser Gedanke begleitete mich durch den Tag.

2. Etappe nach Álftavatn


Nach 12 Kilometern, die uns einige Kräfte abverlangten und uns durch Schneefelder und später atemberaubend schöne Landschaften führten, offenbarten sich uns schließlich majestätische Blicke auf den Álftavatn. Die weite Sicht auf den See und die umliegenden Berge entschädigte für die Anstrengungen der letzten beiden Tage.

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Nachdem wir unsere Schulden (die Hütte am Vortag konnten wir mangels Bargeld und defekter Telekommunikationsleitung nicht bezahlen) beglichen und den Campingplatz gebucht hatten, bauten wir unser Zelt auf.

Regen und Wind waren angesagt, also stellten wir uns auf eine stürmische Nacht ein. Die Anstrengungen des Tages und die bevorstehenden Herausforderungen ließen uns schnell in einen tiefen Schlaf fallen.


3. Etappe nach Emstrur


Nach mehr als 12 Stunden im Zelt mit Wind und Regen (Folter) ging es am folgenden Morgen auf die nächste Etappe nach Emstrur.

In voller Regenmontur machten wir uns auf den Weg und mussten dabei zweimal einen Fluss durchqueren.

Die erste Herausforderung des Tages war es, die kalten, reißenden Wasserläufe zu furten. Vor allem, weil es hieß, ein Fluss sei hüfthoch, hatte ich schon ein wenig Angst. Letzten Endes waren aber beide Passagen nicht so schlimm wie befürchtet.



Nachdem wir die Flüsse überwunden hatten, führte der Weg kilometerweit durch eine karge Wüste aus Schotter. Die Landschaft veränderte sich dramatisch und wir waren umgeben von schwarzen, moosbedeckten oder teils schneebedeckten Bergen. Das Szenario erinnerte mich stark an den Film „Prometheus“ von Ridley Scott, einen meiner Lieblingsfilme. Die unwirkliche, fast außerirdische Szenerie ließ dabei echtes Abenteuerfeeling aufkommen.

Am Ende der Etappe führte der Pfad durch schwarzen Vulkansand und zog sich noch einige Kilometer hin. Die Anstrengung machte sich langsam bemerkbar, doch die Aussicht und die einzigartige Landschaft hielten uns motiviert. Schließlich erreichten wir nach insgesamt 16 Kilometern die Hütte in Emstrur.



Dort angekommen, trafen wir erneut auf die bereits bekannte Gruppe kanadischer Frauen, die hier eine All-inklusive-Tour gebucht hatten. Außerdem waren ein belgisches Pärchen, zwei Franzosen und einige Niederländerinnen vor Ort. Trotz der vollen Hütte und dem daraus resultierenden Schnarchkonzert konnte ich halbwegs schlafen.

Am nächsten Morgen gab es zur Abwechslung mal wieder eine Dusche. Es tat gut, das warme Wasser über den Körper rieseln zu lassen. Nach der Dusche begutachtete ich meine blauen Flecken, die ich mir während der Wanderungen zugezogen hatte, und behandelte sie mit Voltaren-Salbe.

4. Etappe nach Þórsmörk (Thorsmörk)

Nachdem wir morgens fertig gepackt hatten, machten wir zunächst einen Abstecher zu einem nahegelegenen Canyon. Der Ausblick war schon etwas Besonderes.

Leider beschritten wir anschließend zunächst den falschen Weg, was uns den einen oder anderen Extra-Kilometer an diesem Tag bescherte. Der Weg startete nämlich direkt hinter der Hütte in Emstrur und war auf den ersten 2 Kilometern geprägt von vielen Aufs und Abs.

Unser Ziel war im Verlauf der Etappe über weite Strecken schon in der Ferne sichtbar, aber es sollte noch dauern, bis wir nach einer Flußdurchfurtung ein kleines Wäldchen durchwanderten (echt surreal) und dann an der Hütte im Zielort ankamen.

Hier mutete es nach Auenland à la Tolkiens Herr der Ringe an.

Die Mühen der letzten Tage wurden anschließend erstmal mit einem Mix aus allerlei Getränken (Bier, Café, Cola) aus dem Shop der Rezeption in Þórsmörk hinweggespült, bevor wir das Zelt auf einer schönen Fläche, nahe einem Bächlein aufbauten.

Fimmvörðuháls-Trail

Unser Weg nach Skogar führte uns am kommenden Morgen weiter über den Fimmvörðuháls-Trail. Dieser besteht aus zwei Etappen mit jeweils 12 Kilometern und es waren 1150 Höhenmeter auf dem ersten Abschnitt zu bewältigen.

Es sollte nicht übermäßig regnen und ich hoffte, dass sich das weniger Gewicht im Rucksack nochmal bemerkbar machen würde, nachdem ich mich in Þórsmörk von gut einem Kilo an Lebensmitteln verabschiedet hatte.

Wir starteten den ersten Teil des Weges um 9 Uhr und damit eine Stunde später als geplant, nachdem wir uns vergeblich Hoffnung auf einen Kaffee gemacht hatten. Wir überquerten zunächst das Flussbett, um uns dann in Richtung Einstieg in luftige Höhen zu machen.

Schon auf dem ersten Abschnitt hatte ich meine Herausforderung damit, einen Grat zu bewältigen und fragte mich, auf was ich mich da eingelassen hatte. Entlohnt wurde ich dafür mit zauberhaften Aussichten.


Es ging weiter nach oben entlang eines Berghanges, bevor wir ein erstes Plateau erreichten.

Es folgte eine weitere Kletterpartie und es galt, sich an einer Kette festzuhalten. Ohne Alex, der die nachfolgenden Felsstufen zweimal machte, um meinen Rucksack zu tragen, hätte ich vermutlich auch hier wieder zu kämpfen gehabt.

Islandurlaub Juni 2024 - Reykjavik, Laugavegur und Fimmvörðuháls-Trail


Es ging weiter über ein Plateau, bevor wir das erste von gefühlt endlosen Schneefeldern zu meistern hatten.

Ein wenig entspannter ging es dann oben weiter, wo sich die Lavalandschaft zweier beim Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010 entstandenen Vulkankrater (Magni und Móði) bestaunen ließ. Wie das damals vonstatten ging, kann man in diesem eindrucksvollen YouTube-Video bestaunen.

Es ging weiter durch Schneefelder, auf denen in gewisser Entfernung die Oberfläche türkis schimmerte. Dieser Effekt entsteht durch Lichtbrechung und Schmutzpartikel im Eis, die das Licht so reflektieren, dass es türkis erscheint.


Die verbleibende Strecke zur Hütte, (die zweite oben auf dem Berg namens Baldvinsskáli) wurde auf einem Wegweiser mit einem Kilometer angegeben, sie streckte sich aber noch ganz schön und ich schaffte es zu allem Übel noch, mich auf abschüssigem Gelände lang zu machen.

Der Schwierigkeitsgrad, sich auf den Beinen zu halten, wurde zudem nochmals erhöht, da sich nun zu den allgemeinen Strapazen noch ein unangenehmer, orkanartiger Wind gesellte, der einen von der Seite erfasste und von den Füßen zu holen drohte.


Als wir die Hütte betraten, bot sich uns ein befremdliches Bild. Einerseits froh, endlich Schutz vor dem Wetter gefunden zu haben, mussten wir feststellen, dass hier fast keinerlei Annehmlichkeiten auf uns warteten. Handwerker brachten Rauchmelder an und die Dame des Hauses erzählte uns, dass sie gerade erst angekommen sei, um die Hütte für die Saison klarzumachen. Sie äußerte außerdem, dass es sein könne, dass wir später nach oben umziehen müssten, da eventuell noch eine Gruppe erwartet würde, was sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wisse.

Voraussetzung für den Umzug nach oben sei zudem, dass oben erst gefegt werden müsse, da es dreckig sei. Ein kanadischer Gast und sein Sohn zeigten sich hilfsbereit und erbarmten sich mit Besen und Schippe.

Ich fühlte mich mental ausgelaugt und legte mich auf eine der Matratzen, wo ich kurz einschlief.

Immerhin wurde uns gestattet, warmes Wasser für die Zubereitung einer Mahlzeit zu entnehmen. Eine gewisse Irritation hierüber entstand deshalb, da auf einem Anschlag aufgeführt war, dass ein Liter Wasser 1000 Isländische Kronen (umgerechnet 6,71 €) kosten sollte. Dies galt aber nur für Tagesgäste.
Das Chicken Tikka Masala aus dem Trekking-Beutel hatte so rein gar nichts von einem Curry, aber immerhin war es warm…


Ich legte mich wieder hin und schlief ein. Als ich gegen 22 Uhr wieder aufwachte, war es still. Offensichtlich waren alle nach oben auf den Dachboden gezogen.

Ich packte meinen Schlafsack aus und legte mich wieder hin. Durch die Holzwand hörte ich den Wind, der gelegentlich aufheulte.

Um halb 6 morgens entschied ich mich, mich auf den Weg zur Toilettenhütte vor der Tür zu machen. Plumpsklo lässt grüßen. Draußen ist es neblig und ich hoffe bloß, dass dieser sich nicht hält und der Weg nach Skogar nicht noch weitere gefährliche Überraschungen bereithält.
Nach einem kurzen Gespräch mit den Kanadiern, die uns etwas über die Provinzen und die Bevölkerungsverteilung Kanadas (sie selber stammen aus Manitoba) erzählten, machten wir uns auf den Weg.

Jeder ging heute für sich allein und wir sprachen nur wenig miteinander.

Nachdem wir nach ein paar Kilometern das alpine Gelände verlassen hatten, wurde die Landschaft wieder sanfter. Wir überquerten eine über die Skóga gespannte Brücke und damit begann der Abstieg nach Skogar, der uns an etwa 25 kleineren und größeren Wasserfällen vorbei führte, bis der Fimmvörðuháls-Trail am Skógafoss endete.


Zur Belohnung gab es gleich zwei Mal Fish’n Chips mit Softdrink für 3400 ISK (rund 23 Euro). Göttlich! Der Betreiber unterhielt sich mit uns in perfektem Deutsch und erkundigte sich, ob alles in Ordnung sei. Und wie!!! 🙂

Beim Essen unterhielten wir uns mit einer Gruppe Schweden. Einer der älteren Herren hatte schneeweiße, lange Haare und erinnerte mich an einen Wikinger, (eine gewisse Ähnlichkeit mit Stellan Skarsgård war nicht zu leugnen). WIr redeten über Dortmund, Jürgen Klopp und andere Dinge.

Weitere Unterhaltungen gab es mit einem Amerikaner und einem Pärchen aus Braunschweig, was mit dem Auto auf der Ring Road unterwegs war.


Anschließend folgte ein 45-minütiger Verdauungsspaziergang zu unserem 5 Kilometer entfernten Airbnb, dem Hrutafell Guesthouse, welches unser Zuhause für den letzten Abend hier sein sollte.
Die Unterkunft und auch das Verhalten der Gastgeberin Sandy lies keine Wünsche offen. Nach 2 Dosen Bier gefragt, akzeptierte sie auch Euro und gab Wechselgeld in ISK heraus.

Auch wenn ich lediglich ein paar Stunden die Augen zu machen konnte, bevor ich bereits um 4 Uhr wieder hellwach war, war es schön wieder ein richtiges Bett zu haben.

Wir schlugen die Zeit bis 11 Uhr (dann mussten wir das Zimmer räumen) tot, bevor wir uns wieder Richtung Skogar aufmachten.

Gleich gegenüber dem Airbnb sahen wir uns noch Rutshellir, eine als Heuschober genutzte Höhle und spazierten, vorbei an einem scheinbar endlosen Meer von Alaska-Lupinen (taugt besonders für Hochzeitspaare als Fotokulisse, wie wir am Vortag bestaunen konnten) die Ringroad entlang.


In Skogar gab es die dritte Portion Fish’n‘ Chips. Und auch dieses Mal hatten wir wieder eine nette Unterhaltung mit einem älteren Ehepaar aus Deutschland, welches per Auto Island auf der Ring Road erkundete.


Anschließend hieß es, auf den Bus zu warten. Gott sei Dank hatte sich die Frage schnell geklärt, ob im Bus mit Karte bezahlt werden könnte, da ich über keinerlei Bargeld verfügte und mir ansonsten hätte etwas überlegen müssen. Ein paar Franzosen, die ebenfalls an der Bushaltestelle warteten, erklärten sich aber bereit in dem Falle auszuhelfen, indem sie mir Kronen für Euro in bar oder per PayPal-Überweisung gäben.

Außerdem machte ich noch Bekanntschaft mit einem Franzosen, der von seinen Wandererfahrungen auf dem Jakobsweg und von Sprachfaulheit und – schwierigkeiten der Franzosen berichtete. Auf ihn kann das nicht zugetroffen haben, denn sein Englisch war ausgesprochen gut war, soweit ich das beurteilen konnte.

Um 15:07 Uhr ging es mit dem Bus nach Mjódd und von dort aus über den BSÍ zum Flughafen.

Exit through the giftshop

Ich besorgte meiner Freundin auf Empfehlung von Alex eine Tüte mit Süßigkeiten, die Schokolade mit Lakritz gefüllt enthielt (Draumur = Traum), nicht ohne mich selbst mit einer Tüte dieser Leckerei einzudecken. Wir verbrachten noch einige Zeit im Buchladen und bestaunten Bildbände über Island, bevor wir um 0:40 Uhr mit dem Flieger zurück in die Heimat aufbrachen.

Epilog

Wieder zu Hause in EM-Fußballland angekommen, heißt es jetzt im Nachgang alles Revue passieren zu lassen.

Mit an die 100 Fußkilometern war es einerseits das Naturerlebnis, was ich mir erhofft habe. Allerdings ist mir dabei auch einmal mehr klar geworden, dass ich abseits meiner im Alltag lieb gewonnenen und kultivierten Routine manchmal mehr schlecht als recht funktioniere.

Ein besonderer Dank gebührt hier Alex, der meine Laune und Art tapfer ertragen hat und ohne den ich an der einen oder anderen Stelle sicher alt ausgesehen hätte.

Ich kann mir gut vorstellen, ein weiteres Mal nach Island, dieses wunderschöne Land zu reisen. Dann würde ich es allerdings vorziehen, mit dem Auto dort unterwegs zu sein und in Airbnbs oder B&Bs zu übernachten…

Bis dahin sage ich…

Góða Nótt Ísland!

Text und Bildmaterial © 2024 Olaf Siebert/Alexander Wegener

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